Von Bergisch Gladbach nach Taiwan: Pokal der ersten deutschen Fußball-Weltmeisterinnen

Jeden Monat stellen wir hier ein Objekt aus der Sammlung des Hauses der Geschichte Nordrhein-Westfalen vor

Das aktuelle Objekt des Monats ist ein herausragendes Zeugnis deutscher Fußballgeschichte: der Weltmeisterinnenpokal der inoffiziellen Frauenfußball-Weltmeisterschaft, die 1981 in Taiwan ausgetragen wurde. Einer der Pokale, die damals an jede Spielerin vergeben wurden, befindet sich heute in der Sammlung des Hauses der Geschichte Nordrhein-Westfalen.

Frauen auf dem Bolzplatz  verboten und belächelt 

In den 1950er-Jahren verbietet der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den Frauenfußball offiziell in Westdeutschland. Vereine, in denen Frauen dennoch aktiv spielen, werden kurzerhand vom Verband ausgeschlossen. Die Begründung der Funktionäre: „Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden, und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.“

Erst 1970 hebt der DFB das Verbot auf – unter dem Druck aktiver Sportlerinnen, die mit der Gründung einer eigenen Liga drohen. In den folgenden Jahren entwickelt sich die Frauenfußballabteilung der SSG 09 Bergisch Gladbach zur dominierenden Vereinsmannschaft im deutschen Frauenfußball. 1977 gewinnt sie ihren ersten Meistertitel, 1981 ist das Team bereits dreifache deutsche Meisterin.

Von Bergisch Gladbach nach Taipeh

Als 1981 eine Einladung zur Teilnahme am Women’s World Invitational Tournament aus Taiwan eintrifft, existiert in Deutschland noch immer keine offizielle Frauen-Nationalmannschaft. Der DFB reicht die Anfrage deshalb an das erfolgreichste Frauenteam weiter: die SSG 09 Bergisch Gladbach.

Die Spielerinnen nehmen die Herausforderung an – Unterstützung vom DFB erhalten sie jedoch nicht. Stattdessen organisiert der Verein die Reise eigenständig: Waffelverkäufe auf Wochenmärkten, Spendenaktionen und eine Sponsorensuche ermöglichen die Teilnahme. Schließlich reist eine 25-köpfige Delegation nach Ostasien.

Pionierinnen des deutschen Frauenfußballs

In Taipeh bestreitet die Mannschaft innerhalb von elf Tagen neun Spiele, erzielt 25 Tore und bleibt als einziges Team des Turniers ungeschlagen. Am 22. Oktober 1981 gewinnt die SSG 09 Bergisch Gladbach vor 36.000 Zuschauerinnen und Zuschauern das Finale – und holt damit den ersten inoffiziellen Weltmeistertitel im Frauenfußball nach Deutschland. In der Bundesrepublik jedoch bleibt dieser historische Erfolg weitgehend unbeachtet: Die deutschen Medien berichten kaum über das Turnier, Reporter werden gar nicht erst entsandt. Eine Würdigung bleibt aus.  

Ein Jahr später reagiert der DFB und stellt erstmals eine offizielle Frauen-Nationalmannschaft auf. Anne Trabant-Haarbach, die Trainerin des WM-Teams von 1981, führt diese neue Auswahl ab 1982 als Kapitänin aufs Feld. Fortan soll ein männlicher Trainer die Nationalmannschaft führen.

Als der taiwanesische Fußballverband 1984 erneut eine Weltmeisterschaft ausrichtet, besteht er darauf, dass die Titelverteidigerinnen aus Bergisch Gladbach wieder teilnehmen. Die Spielerinnen nehmen die Einladung an – und holen erneut den Sieg für Deutschland.

Für sportliche Gleichstellung zum Weltrekord 

Petra Landers ist seit 1981 Spielerin bei der SSG 09 Bergisch Gladbach und nimmt an dem WM-Turnier in Taipeh teil. Bis 1991 gehört sie der deutschen Frauen-Nationalmannschaft an. Im Rahmen der „Equal Playing Field“-Initiative nimmt sie 2017 an einem außergewöhnlichen Fußballspiel teil: Gemeinsam mit Frauen aus 20 Ländern spielt sie im Krater des Kilimandscharo – auf 5.729 Metern Höhe. Damit setzt sie ein starkes Zeichen für mehr Gleichstellung im Sport und trägt zugleich zu einem Weltrekord bei: dem höchstgelegenen Fußballspiel der Welt. Petra Landers ist dabei die älteste Teilnehmerin.